Oberpfälzer Bestattungskultur
Bestattungsrituale
Die Bevölkerung der nördlichen Oberpfalz bekennt sich überwiegend zum christlichen Glauben und pflegt die Bestattungsrituale, die innerhalb der evangelischen oder katholischen Kirche zelebriert werden.
Auch für Angehörige anderer Konfessionen stehen wir bei den Vorbereitungen der Trauerfeier gerne zur Seite. Durch umfangreiche Weiterbildungen können wir Ihnen auch den Service des Trauerredners anbieten.
Die rituellen Handlungen sollen die Verstorbenen auf ihrem Weg zu Gott begleiten und erinnern die Hinterbliebenen an ihre eigene Vergänglichkeit und bieten Trost durch den Glauben.
Besonders in den ländlichen Regionen ist die Beerdigung eines Verstorbenen noch ein öffentliches Ereignis, an dem neben den Hinterbliebenen auch Nachbarn und Bekannte Anteil nehmen.
Sterbe- und Totenbrauchtum
In der Oberpfälzer Tradition hatte der Tod lange Zeit seinen festen Platz. Anders als heute wurde ein lebendiges Brauchtum gepflegt, das das Ende des menschlichen Daseins stets vor Augen hielt. Während in den Dorfgemeinden das Sterbe- und Totenbrauchtum teilweise noch praktiziert wird, geraten diese alten Traditionen gerade in städtischen Bereichen mehr und mehr in den Hintergrund.
Krankensalbung
Die Krankensalbung einer schwer kranken Person durch einen Priester ist noch heute weit verbreitet. Früher fand der Empfang der Sterbesakramente zu Hause statt, die Familien bewahrten dafür die geweihten Gegenstände wie Kerzenleuchter, Sterberosenkranz und Becher für Weihwasser von Generation zu Generation auf. Der Priester trägt das heilige Öl zur Stärkung der fünf Sinne auf Augen, Ohren, Mund, Nase und Hände auf, spricht Gebete und reicht dem Schwerkranken die konsekrierte Hostie. Heute kommt der Priester auf Wunsch des Patienten in die Klinik oder ins Pflegeheim zur Verleihung der Krankensalbung.
Leichbier
Nach der Bestattung laden die Angehörigen – damals wie heute – zum „Leichbier“ oder „Leichenmahl“ in die Wirtschaft ein und verabschieden den Verstorbenen in geselliger Runde. Dabei geht es nicht selten zünftig zu. Müssen sich die Hinterbliebenen doch trotz des Abschiednehmens von einem geliebten Menschen wieder mit dem irdischen Leben anfreunden.
Leichbitterin
Eine Leichbitterin ging früher von Haus zu Haus, um den Namen des Verstorbenen und den Tag des Trauergottesdienstes mitzuteilen. Die Gabe eines 50-Pfennig-Stücks war dafür selbstverständlich.
Leichenzug
Früher wurden die verstorbenen Familienmitglieder bis zur Bestattung zu Hause aufgebahrt und am Beerdigungstag in einem Leichenzug zum Friedhof gebracht. Vorneweg trug ein Ministrant das Stabkreuz, danach schritten die Musikkapelle oder der Chor, der Pfarrer mit den Ministranten und die Sargträger. Früher folgten dem Sarg erst die männlichen, dann die weiblichen Verwandten und Bekannten. Die Trauergemeinde hält auch heute noch eine exakte Leichenzug-Ordnung ein.
Sterberosenkranz
An den Abenden bis zur Beerdigung des Verstorbenen versammeln sich auch heute noch Nachbarn, Nahestehende und Verwandte zum gemeinsamen Sterberosenkranz. Das wiederholte Beten des Schmerzhaften Rosenkranzes ist Fürbitte und Trost zugleich.
Totenbretter
Die Totenbretter, auf denen die Verstorbenen aufgebahrt waren, dienten danach als Gedenktafel. Fromme Katholiken und Evangelen stellten die Totenbretter an landschaftlich idyllischen Plätzen in der Nähe von Kapellen, Wegkreuzen oder Marterln auf, um die Vorbeikommenden zum Totengedenken einzuladen. Heute finden sich diese Zeugnisse alten Totenbrauchtums vereinzelt noch in der östlichen Oberpfalz zwischen Windischeschenbach und Lam.
Totengeläut
Das Totengeläut verkündet in ländlichen Regionen vom Ableben eines Dorfbewohners und lädt zum stillen Gebet ein. Wenn das Engel-des-Herrn-Geläut außerhalb des Morgen-, Mittag- oder Abendläutens erklingt, wissen die Gemeindemitglieder, dass jemand aus ihren Reihen verstorben ist.
Totensagen
Bis in die jüngere Geschichte herein spielten Sagen eine große Rolle im alltäglichen Leben der Menschen. Sie erzählten von unerklärlichen Ereignissen mit übernatürlichen Wesen und wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Meist gehen diese sagenhaften Erzählungen auf ein tatsächliches Ereignis zurück, das im Laufe der Zeit mit viel Fantasie und Aberglauben ausgeschmückt wurde. Sicher jedoch scheint, dass sich unsere Vorfahren mehr als heute mit dem Phänomen des Todes auseinandersetzten und die stete Erinnerung an das Sterben wach hielten.
Die vielen Totensagen der mythischen Oberpfalz legen davon Zeugnis ab.
Weiße Frau von Leuchtenberg
Rund um die Burgruine Leuchtenberg im Landkreis Neustadt a.d.Waldnaab rankt sich noch heute die Sage, dass von Zeit zu Zeit eine weiße Frau erscheint. Es soll der ruhelose Geist eines ehemaligen Burgfräuleins sein, die lebendig in einem Verlies auf der Burg eingemauert wurde. Sie hatte sich heimlich mit einem Edelknaben eingelassen. Dafür wurde das schöne Fräulein von den Burgherren mit dem grausigen Tode bestraft. Der Edelknabe wurde am Kalten Baum erhängt. Immer wieder erzählen sich die Bewohner rund um Leuchtenberg von einem übernatürlichen Wesen, das in einem weißen Kleid durch die Burg geistert.
Tote erscheinen in der Kapelle
Am alten Friedhof in Neustadt a.d.Waldnaab lädt die Kapelle „Zur heiligen Dreifaltigkeit“ die Gläubigen zum stillen Gebet ein. Das Kirchlein wurde im Jahr 1662 gebaut und enthält noch heute schmucke Grabtafeln aus dem 17. Jahrhundert. Wer des Nachts über den Friedhof geht, kann Zeuge eines unnatürlichen Erscheinens werden. Die Sage berichtet davon, dass sich im Kirchenraum die zuletzt Verstorbenen der Gemeinde versammeln und auf dem Altar Kerzen für die Lebenden entzünden. Wessen Kerze zuerst erlischt, stirbt als nächster. Dem Besucher auf dem Friedhof haucht ein Toter den Namen zu.
Adelige spuken um Gruftkapelle
Nahe der frühgotischen Pfarrkirche in Rothenstadt bei Weiden sind die Herren von Satzenhofen, ein ehemaliges Hofmarksherrengeschlecht mit eigener Gerichtsbarkeit, begraben. Die Särge der Adeligen wurden in der eigenen Gruftkapelle unweit der Pfarrkirche beigesetzt. In den Nächten rund um Allerseelen treiben der Überlieferung nach schemenhafte Gestalten ihr Unwesen auf dem adeligen Grabhügel. Der Ort bezaubert den Besucher selbst bei Tage durch eine eigentümlich mythische Stimmung.
Untote Mönche in Waldsassen
Die Zisterzienserabtei in Waldsassen beherbergt die größte Gruftanlage Deutschlands. Während der Rauhnächte und in der Zeit um Allerseelen sollen die dort beigesetzten Mönche aus ihren Särgen treten und in den uralten Gemäuern umherspuken. Die untoten Mönche – so will es die Sage – bereiten sich auf den Endzeitkampf auf der Lämmerwiese bei Waldsassen vor. Dort soll Kaiser Karl der Große, der in einem Kristallsaal am Ochsenkopf im Fichtelgebirge schlafe, die Christen zum endgültigen Sieg über die Nichtchristen führen. Nach dieser Apokalypse finde nach christlicher Mythologie der Untergang der Welt statt.
Entweihtes Totenbrett bei Waldkirch
Die Totenbretter an Feld- und Wiesenrainen erinnern an längst Verstorbene und laden die Vorübergehenden zum stillen Gedenken ein. In Waldkirch bei Neukirchen zu St. Christoph oder Georgenberg entweihte ein Bauer ein Totenbrett, als er es aus der Verankerung riss und mitten aufs Feld legte, um die Krautwürmer fernzuhalten. Von da an erschien dem Bauer Nacht für Nacht der Geist des Toten, um die Freveltat anzumahnen. Am vierten Tag brachte der entsetzte Bauer das Totenbrett an seinen Ursprungsort zurück. Von da an ließen die Totenerscheinungen nach, die Würmer indes hatten die Saat auf dem Feld vollständig vernichtet.
Grabschänder in Erbendorf
Der fromme Priester Weißbach von Erbendorf hatte zu Lebzeiten den Wunsch geäußert, seinerzeit seine wertvollen Bücher mit ihm zu bestatten. Als der Tod über den Kirchenmann kam, machte es die Kirchengemeinde, wie es sich der Pfarrer gewünscht hatte und legten den Leichnam mitsamt den heiligen Büchern ins Grab. Ein Jahr nach der Bestattung fanden Kirchenbesucher des Grab des Verstorbenen aufgewühlt und den Sargdeckel geöffnet. Die Menschen erzählten sich, dass Grabschänder versucht hatten, die wertvolle Grablege zu stehlen. Just in dem Moment hatte sich der Sargdeckel aufgetan und an der rechten Hand des Pfarrers erhob sich warnend der Zeigefinger. Die Diebe waren zu Tode erschrocken und verließen fluchtartig den Friedhof. So stand noch am nächsten Tag der Sarg offen.
Totenfrevler ereilt schwere Krankheit
Mangelnde Ehrfurcht vor den Toten kam einem Bärnauer teuer zu stehen. Der Mann wanderte nach einem Wirtshausbesuch angeheitert an Totenbrettern vorbei, die auf dem Boden lagen. Im Rausch schrie der Betrunkene: „Stehts auf, Kameraden, wenn´s Kameraden zu mir seids!“ Augenblicklich stellten sich die Totenbretter auf und umzingelten den Frevler. Totenbleich vor Schreck versprach der, drei heilige Messen für die Verstorbenen lesen zu lassen. Zwar gaben ihm die Totenbretter danach den Weg frei, jedoch ereilte den Bärnauer eine schwere Krankheit, die ihn 17 Jahre lang ans Bett fesselte.
Achtung vor der Totenruhe
In Neuenhammer im Landkreis Neustadt a.d.Waldnaab hatte sich ein Bauernmädchen unsterblich in einen schönen Burschen verliebt. Als der jedoch kurze Zeit danach starb, war das Mädchen untröstlich und verbrachte viele Stunden am Grab des Toten. Als sie eines Tages länger als sonst am Grab ihres Liebsten weinte, öffnete sich der Sarg wie von Geisterhand und der Tote sprang heraus. Voller Wut soll er die junge Maid am Nacken gepackt haben, damit sie ihn endlich in Ruhe lasse. Erst als der Pfarrer den Toten neu aussegnete, ließ er von ihr ab und fand seine Totenruhe wieder.
Für weitere Totensagen aus der Oberpfalz empfehlen wir die Publikationen von Emmi Böck „Sagen aus der Oberpfalz“ und Böckl, Manfred / Ferstl Peter „Weisse Frauen, spukende Mönche. Gespensterplätze und Sagenorte in der Oberpfalz“, SüdOst Verlag.
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